Fakten vs. Realitäten
Chris Frey
Man muss nicht das berühmte Beispiel des Glases anführen, das entweder halb voll oder halb leer ist, um zu erkennen, dass Fakten und Realitäten zwei völlig unterschiedliche Dinge sind (das ist ein Faktum!)
Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass man Realitäten verbiegen, formen, neu erschaffen kann. Ein Faktum dagegen ist ein Faktum – oder eben nicht. Punkt (Das ist wieder ein Faktum!) Wenn ein Gartenzaun rot gestrichen ist, ist er rot. Punkt. Da kann man noch so stur behaupten, dass er grün ist.
In der Wissenschaft gilt an sich – oder galt zumindest bis zur Erfindung der „Klimawissenschaft“ – dass sie auf Fakten basieren muss, nicht auf Realitäten. Aber zu jeder Zeit haben irgendwelche Individuen versucht, aus diesen Fakten, die für jedermann gleich sind, verschiedene Realitäten abzuleiten. Denn das ist ein wesentlicher Punkt: Jeder hat seine eigene Realität! Und (fast?) jeder hält seine Realität für die einzig wahre Realität – bis hin zu dem Faktum (!), dass die Realität des anderen verwerflich, ja strafbar und verdammenswert ist. In politischen oder sonst welchen Diskussionen prallen unterschiedliche Realitäten aufeinander.
In meinem Roman „In der Fremde“(hier) habe ich das mal in einem ganz anderen Zusammenhang zu beschreiben versucht. Der Protagonist ist ein Alien, der versuchen will, zusammen mit den Menschen auf der Erde zu leben und dazu erst mal die Welt der Menschen (für ihn die Fremde) verstehen lernen muss. Er hat sich den Allerweltsnamen John gegeben. In einer Diskussion mit „Wissenschaftlern“ kommt es dabei zu folgendem Gespräch:
„Meine Herren“, fuhr John fort, „wir Raumfahrer finden einfach kein logisches System im Verhalten der Menschen. Unter anderem ist es für uns ein Rätsel, warum es bei den Menschen immer heißt ‚entweder… oder’! Haben Sie nie mal darüber nachgedacht, dass die Bezeichnung ‚sowohl… als auch’ viel häufiger viel besser passt?“
„Sehr richtig!“ rief Schöne spontan dazwischen. „Das predige ich schon seit Jahren!“
„Ha! Jetzt sind Sie ertappt!“ rief Kleibers Fachkollege Weidemann in die Runde, ohne den Einwurf von Schöne zu beachten. „Sie werden kaum behaupten können, dass Sie sowohl ein Außerirdischer als auch kein Außerirdischer sind!“ Der Triumph in seiner Stimme war so deutlich, dass Kleiber peinlich berührt zusammen zuckte. Aber Johns Miene blieb reglos wie immer.
„Das werde ich auch nie behaupten! Die Beurteilung überlasse ich nämlich Ihnen! Herr Bogumil sagte vorhin, es gebe merkwürdige Aspekte. Nun, er ist trotzdem der Überzeugung, ich sei ein Mensch. Also bin ich für ihn einer! Herr Riemer dagegen glaubt, dass ich tatsächlich kein Mensch bin. Also bin ich für ihn keiner! Summa summarum: Für Sie zusammen bin ich sowohl ein Mensch als auch kein Mensch!
Damit kennen Sie immer noch nicht die Fakten. Und selbst wenn ich es Ihnen sage, wird die jeweils andere Seite mir nicht glauben und an ihrer jeweiligen Realität festhalten.
Verstehen Sie, was ich meine?“
Es gibt aber noch einen anderen Unterschied zwischen Realitäten und Fakten. Vor allem seit der Erfindung der „Klimawissenschaft“ wird immer wieder versucht, Realitäten zu erschaffen, zu denen die Fakten gar nicht passen – und von der die Erzeuger dieser Realität wissen, dass sie nicht stimmt. Die Klimagate-E-Mails legen sehr beredt Zeugnis davon ab. Die sog. Realität wird dann zur Ideologie – wird aber in entsprechenden Kreisen immer noch Realität oder Wirklichkeit genannt.
Ich möchte das an einem klassischen Beispiel verdeutlichen, und zwar dem Märchen von „Des Kaisers neuen Kleidern“. Bei der großen Parade am Ende ist dieser Kaiser nackt. Das ist ein Faktum. Punkt. Da dieses Faktum nun aber auf keinen Fall real sein darf, hat man kurzerhand die Mär ausgestreut, dass der Kaiser natürlich nicht nackt ist, sondern erlesenste Kleider trägt. Nur wer dumm ist, kann diese nicht erkennen. Und wie viele Zuschauer dieser Parade haben diese Realität übernommen? Und vor allem: welche?!
Nun waren es hier zwei ebenso geschickte wie gerissene Betrüger, die daraus mächtig Kapital schlagen konnten. Darum soll es hier aber nicht gehen, sondern um die Grundprämisse dieses Beitrags:
Realitäten kann man verzerren, spiegeln, vorgeben, ja sogar ganz neu erschaffen. Ein Faktum dagegen ist ein Faktum.Man kann diese Fakten leugnen, wenn sie einem nicht in den Kram passen, aber das ändert natürlich nichts an den Fakten. Das Beispiel „Klimawissenschaft“ liefert hier wieder die klassische Vorgabe: In Politik und Medien wird seit Jahrzehnten das Faktum geleugnet, dass es den Klimawandel auf der Erde schon immer gab. Das Leugnen ändert daran zwar nichts, aber es führt dazu, dass dieses Faktum aus der Realität der meisten Menschen verschwindet. Meine letzten Erfahrungen diesbezüglich habe ich auf der jüngsten Sitzung des lokalen Kirchenvorstandes machen können (auf der Website des EIKE habe ich hier darüber berichtet).
Damit diese künstliche Realität aber auch richtig Fuß fasst, muss seitens der entsprechenden Kreise unbedingt dafür gesorgt werden, dass die Fakten nicht zu sehen sind. Sie müssen verborgen, verzerrt oder schlicht geleugnet werden – aber auch hier gilt: nichts davon ändert die Fakten!Dennoch, gerade in der global propagierten „Klimawissenschaft“ ist dies ziemlich erfolgreich gelungen. Das ist auch kein Wunder, denn wer interessiert sich schon für langweilige, dröge und unspektakuläre Fakten?
Der Kampf gegen „falsche“ Realitäten lässt sich also am besten mit Fakten führen. Sollte man meinen! Aber was erleben wir stattdessen? Zumindest in der sog. Westlichen Welt? Und was mit Sicherheit auf dem Klimaspektakel in Paris auch wieder zu erleben sein wird?
Wieder gibt die „Klimawissenschaft“ das Beispiel: Blogs wie der von EIKE oder auch science-skeptical zeigen es: Die „Klimawissenschaft“ versucht nach Kräften alles, die Fakten ihrer Realität anzupassen. Und die allermeisten Menschen akzeptieren diese verzerrten Fakten VIEL EHER als die realen Fakten, selbst dann, wenn dabei der ,gesunde Menschenverstand' vergewaltigt wird (was immer das ist). Da können die genannten Blogs noch so viel versuchen – Fakten werden nicht geglaubt. Und doch gilt immer und universell: Die Fakten werden dadurch nicht verändert!
Ein Beispiel hierfür ist natürlich die Diskussion um Kernkraft. Ein weiteres, das derzeit sogar noch eher im Vordergrund steht, ist die Diskussion um den CO2-Gehalt der Luft: Er beträgt derzeit knapp 0,04% des Gasgemisches, dass wir als ,Luft' oder ;Atmosphäre' bezeichnen. Das ist ein Faktum! Und noch nicht einmal eines, dass jemand bestreitet.
Aber dann geht es schon wieder los. Faktum ist auch, dass der CO2-Gehalt der Luft im Verlauf der Erdgeschichte noch nie so gering war wie derzeit. Warum ist das ein Faktum? Weil jedermann sofort erkennen kann, wo die Massen des früher in der Luft vorhandenen CO2 geblieben sind: Kalkfelsen (die gesamten Alpen, der Himalaya, die Kreidefelsen von Dover und Rügen, usw. usf.).
Und doch wird uns weisgemacht, dass der derzeitige CO2-Gehalt ,beispiellos' (was sogar stimmt, wenn man das Vorzeichen vertauscht) oder gefährlich ist.
Fakt ist auch, dass es ohne CO2 kein Leben auf der Erde gibt. Und doch wird uns – und was das Verwerflichste überhaupt ist, auch unseren Kindern – weisgemacht, dass CO2 ein Giftstoff ist.
Und alle diese künstlichen Realitäten wurden erfolgreich großen Teilen unserer Gesellschaft eingeimpft!
Bleiben wir mal noch einen Moment bei den Kindern. Kinder unter 10 Jahren (zumindest wenn sie sich nicht von Anfang an mit irgendwelchen Knopfkisten, großspurig „Smartphones“ oder „Handys“ genannt, zudröhnen) haben ja noch viel Fantasie. Manchmal eine so blühende Fantasie, dass irgendein Ereignis, dessen Zeuge sie wurden, in ihrer Fantasie ganz anders abgelaufen ist als in der Realität. Begeistert oder bedrückt – je nachdem – erzählt ein Kind seinen Eltern davon. Dann wird es schwierig: Die Eltern wissen, dass es unmöglich so gewesen sein kann wie es das Kind schildert, sei es, dass sie vom gleichen Ereignis aus anderen Quellen etwas ganz Anderes gehört haben, oder sei es, weil ,ein roter Gartenzaun einfach nicht grün sein kann'.
Aber: Lügt dieses Kind jetzt? Ich denke, nein! Das Kind erzählt einfach was es glaubt, erlebt zu haben. Für das Kind war das so, basta!Es stellt keine Überlegungen zu Fakten etc. an. Wenn es einem Erwachsenen gelänge, Wunschdenken als Realität zu übernehmen, würde man sofort auch jeden Lügendetektor-Test bestehen.
Aber wie ist das in der „Klimawissenschaft“? Auch hier verbreiten ja die Alarmisten Realitäten, von denen sie wollen, dass jedermann sie als Realität übernimmt. Nur sind das eben keine Kinder, und sie wissen ganz genau, dass ihre Realitäten nicht zu den Fakten passen. Sie würden bei einem solchen Test durchfallen – aber wer unterzieht sie schon einem solchen Test?
Schlimmer noch: Die Motive der Alarmisten hierfür sind von Anfang an klar benannt worden, und diese Motive liegen nicht im Bereich Klimawissenschaft. Die wird nur als ein Vorwand benutzt!
Bleibt die Frage, warum die breite Öffentlichkeit so bereitwillig diese erfundenen Realitäten übernimmt – und als „reale Realität“ betrachtet. Diese Frage kann ich nicht beantworten und muss sie ggf. berufeneren Kräften überlassen.
Noch einmal ein Beispiel aus der Kinderwelt, in die einzutauchen ich immer wieder die Ehre und Freude habe: Wenn ein Kind hört, dass die Rutsche auf dem Lieblingsspiellatz eines Freundes kaputt ist, wird es das als Realität übernehmen und höchstens sagen: „Echt? Zeig mal!“
Sie gehen hin – und finden die Rutsche tadellos in Ordnung vor. Der Freund sagt: „Komisch, ich war ganz sicher...“ Und beide Kinder werden mit Freude rutschen, wenn es ihnen so beliebt.
Fazit: Kein Kind würde an einer Realität festhalten, die sich durch ein Faktum (Augenschein) als falsch herausstellt. Das schaffen nur Erwachsene – „Klimawissenschaftler“.
Im o. g. Märchen war es ein Kind, das das Faktum beim Namen nannte: „Mami, Mami, der Kaiser hat ja gar nichts an!“ Und das war es dann mit des Kaisers neuen Kleidern!
Wann endlich taucht auch in der „Klimawissenschaft“ mal ein Kind auf, das die Fakten beim Namen nennt?
© Chris Frey November 2015